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Interview

GREGOR BRAUN: VON DEN OLYMPISCHEN ERFOLGEN AUF DER BAHN BIS ZUM KOPFSTEINPFLASTER VON ROUBAIX UND FLANDERN
Teil 2:
Die großen Klassiker


Provided by Gregor Braun

Zusätzlich zu diesen Erfolgen bist du häufig in  Klassikern, wie wir sie auf cyclissime.com betrachten, ganz vorne gefahren; erzähl uns mehr davon.
Konntest du schon in deinem ersten Jahr die Luft der größten Radklassiker schnuppern?
Ja, ich durfte schon im ersten Profi-Jahr Klassiker wie Paris -Roubaix, Flandern oder Gent-Wevelgen fahren. Die jungen Rennfahrer wurden in unserem Team bei solchen großen Rennen in Ruhe gelassen, wir hatten bei den Rennen keinen richtigen Kapitän und ich konnte mein Rennen fahren. Ich konnte dadurch schon in meiner ersten Saison Erfahrungen bei den Kopfsteinpflaster-Rennen sammeln, die dann für die Folge meiner Karriere sehr wichtig waren.
Fangen wir mit Paris-Roubaix an, wie war dein erster Eintritt in die „Hölle des Nordens"?
In meinem ersten Paris-Roubaix gab es Stürze und die Kopfsteinpflaster hatten mir zu schaffen gemacht, aber ich wollte das Rennen unbedingt beenden, meine einzige Motivation war, dass das Rennen auf der Rennbahn aufhört und ich wollte diese einzigartige Stimmung erleben. Aber als ich ankam, mit etwa 36 min Rückstand, war das Tor der Rennbahn schon geschlossen und ich durfte nicht reinfahren. Ich war Drittletzter, Position 38, viele hatten schon früher aufgegeben.
In den Jahren danach warst du dann aber häufig ganz vorne platziert!
1980 und 1981 war ich Helfer für Francesco Moser, der seinen zweiten und dritten Sieg in Folge bei Paris-Roubaix

 

feiern konnte. Meine besten Platzierungen bei Paris-Roubaix sind ein 3. Platz, 1982 und ein 5. Platz, 1984, wo ich im Forêt de Wallers zusammen mit meinem Team-Kollegen von La Redoute, Alain Bondue, weggefahren bin und die Verfolger uns 20 km vor dem Ziel eingeholt haben.

Ein Podest bei Paris-Roubaix ist was Besonderes; wie ist damals 1982 das Rennen gelaufen?
1982 war ich Dritter, hinter Raas und Bertin. Ich hatte den ganzen Tag keine guten Beine. Ludo Peters, der Helfer von Raas, ist etwa 30 km vor dem Ziel weggefahren. Wir waren hinten, eine 8er-oder 9er-Gruppe. Raas hat natürlich nichts gemacht und ich musste alleine das Loch zufahren. Etwa 10 km vor dem Ziel haben wir ihn eingeholt. Und dann 3-4 km vor dem Ziel hat Raas auf der Autobahnbrücke attackiert. Der Schweizer Stefan Mutter hat als erster reagiert, dann Bertin und ich, aber Raas konnten wir nicht mehr einholen. Im Sprint war ich Zweiter und dadurch Gesamt-Dritter.

Welche Adjektive würdest du für Paris-Roubaix benutzen, um das Rennen zu beschreiben?
Paris-Roubaix war immer schön, ob es regnete, kalt oder warm war, für mich eines der schönsten Rennen, es war schwer, hart aber auch nicht fair. 1983 zum Beispiel war ich besser in Form als ein Jahr zuvor als ich Dritter war, aber mit 2 Platten bei der Trouée d‘Arenberg war für mich das Rennen für den Sieg zu Ende.

Lassen wir nun einmal Paris-Roubaix und gehen nach Belgien zu den Mauern der Rundfahrt von Flandern. Welche sind die Merkmale dieses Rennens?
Ich finde, dieses Rennen ist viel schwerer als Paris-Roubaix. Man muss  immer vorne fahren, super-konzentriert. Wenn du auf diesen engen Straßen nicht vorne fährst, in den ersten 10 Positionen, und die entscheidende Attacke verpasst, dann ist alles zu spät.

Bei Flandern warst du auch einmal Siebter und 1978 in deiner zweiten Saison als Profi Dritter. Welche Erinnerung hast du an diesen Tag?
Ich bin noch bei Peugeot gefahren. Ich habe 4-5 km vor der Mauer Grammount attackiert. Godefroot und Pollentier sind mitgefahren. Sie durften aber keine Führungsarbeit machen. Godefroot ist für Thurau gefahren und Pollentier für Freddy Martens, ich hatte keinen Kapitän in dem Sinne und dann musste ich die Führungsarbeit alleine machen. Wenn ich den Sprint nicht zu früh eröffnet hätte, hätte ich Pollentier vielleicht noch schlagen können, Godefroot aber nicht, er war zu schnell und erholt, ich bin über 30 km allein an der Spitze gefahren.

In deinen Jahren war der Koppenberg einer der schwierigsten unter allen Kopfsteinpflasterabschnitten?
Ja, auf jeden Fall. Damals war der Koppenberg noch der richtige Koppenberg. Wenn es ein bisschen feucht war, sind ganz wenige hoch gefahren, die anderen mussten zu Fuß hoch. Jetzt wurde er saniert, aber damals konnte man nur rechts oder links fahren, sonst ging nichts. Zwischen 5-12 Rennfahrer sind hoch gefahren, mehr nicht.

Fährst du noch immer Fahrrad und wie ist deine Verbindung zum Radsport?
Meine Radleidenschaft als aktiver Radfahrer habe ich als Berufssportler ausgelebt und die ist jetzt ausgereizt.
Was mir Spaß macht, ist mit Leuten zu arbeiten, die den Radsport lernen wollen. Bei der Radsportakademie in Bad Wildbad, die ich zusammen mit Heinz Betz leite, organisieren wir jedes Jahr Radreisen nach Mallorca und zahlreiche Events im Bereich MTB und Downhill, weil wir den Bike-Park in Bad Wildbad haben. Außerdem veranstalten wir jedes Jahr den Lila Logistik Charity Cup, wo wir Spenden für den guten Zweck „STAR CARE-Wir helfen Kindern" sammeln.
In meiner Freizeit spiele ich auch Golf und ich setze mich für KiO Kinder Organspende oder andere Organisationen ein, die Golf-Turniere für einen guten Zweck veranstalten, und so kann ich auf eine lockere Art ein bisschen was zurückgeben.

Wir bedanken uns bei Gregor für die Zeit, die er sich für uns genommen hat, und kehren zurück in die heißen Straßen der Goldstadt; übrigens gibt es kein besseres Zuhause für einen Mann, der seine sportliche Karriere der Suche nach dem Edelmetall gewidmet hat.





 
 
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